Innsbruck – Banal, aber wichtig. 4. März 2014
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Innsbruck.
Wer in der Altstadt früh muss,
der hat Verdruss.
Eröffnet wurde es mit Pauken und Trompeten und noch mehr.
Gefeiert wurde es vor Zeit mit stadtsenätlicher und touristischer Prominenz.
Handwaschung nach der Verrichtung samt Gesichtbad für die Presse.
Die Rede ist von einem öffentlichen WC im Parterre des Innsbrucker Stadtturmes in der Altstadt, einer Einrichtung für die dringenden Bedürfnisse an Verrichtungen der Menschen.
Das Wichtigste scheinen dort die Öffnungszeiten zu sein, die darauf hinweisen, dass die Stadtführung von Innsbruck nicht annimmt, dass Menschen schon vor zehn Uhr ein Bedürfnis nach Erleichterung haben. Von den Abendstunden ganz zu schweigen.
Das Wichtigste dortselbst, am Ort des Örtchens ist aber der innerhalb von rund acht Metern insgesamt sechs Mal angebrachte Hinweis „Tickets“ mit Pfeil zu einem erst am späteren Vormittag besetzten Schalter, an dem es die Eintrittskarten für das Häusel gibt.
Es scheint sich also bei der gelbgrünroten Stadtregierung und dem hochwohllöblichen Tourismusverband noch nicht herumgesprochen zu haben, dass es menschliche Situationen gibt, in denen man gelb, grün oder rot, je nach Drang, herumirrt, auf der Suche nach dem Örtchen, das der Ort schlechthin ist, in manchen Situationen. Und zu jeder Tageszeit.
Ach ja.
50 Cents kostet das Ticket für den Eintritt in die Örtchen mit den Muscheln.
Diese 50 Cents kriegt man, wenn man in der Altstadt, beispielsweise, Muscheln konsumiert, wieder gut geschrieben.
Nur bis zu den Öffnungszeiten dauert es . . .
Und es gibt keine Büsche in der Altstadt.
Nur ein WC, bei dessen Eröffnung es ein Brimborium gab, als gäbe es kein Morgen.
Man hat halt nur vergessen, dass manche Feiern und Aktionen manchmal in die Hose gehen können.
Doch das ist eine andere Geschichte . . .
(Winfried Werner Linde)
Winfried Werner Linde
Begegnung am Jüdischen Friedhof in Innsbruck 24. Juli 2013
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Begegnung am Jüdischen Friedhof.
Manchmal, in der Hitze, sucht man den Schatten von Bäumen und die Stille. Manchmal, bei den seltenen Besuchen am Aschengrab meiner Mutter und meines Bruders, setze ich mich auf eine Bank, gleich neben dem Eingang des Jüdischen Friedhofes in Innsbruck.
Dort ist Schatten und die Bilder von den Gräbern und den Steinen mahnen an die eigene Vergänglichkeit ebenso wie an das Leben und die Aufgaben, die man vielleicht noch hat.
Vielleicht. Ja. Denn über allem steht die Mahnung: Bedenke Mensch, dass du nichts mehr bist als Staub und dass die Seele nur eine vage Hoffnung ist, eine Erkenntnis, dass man von einem selbst, wie auch von den Anderen, nichts weiß. Nichts.
Kürzlich, es war ein heißer Nachmittag, saß ich wieder einmal auf der Bank. Nur wenige Besucherinnen waren am Westfriedhof in Innsbruck zu sehen.
Als ich noch einmal zurück blickte, sah ich eine Dame aus dem Jüdischen Friedhof kommen. Sie trug ein Blatt Papier in der Hand, sah zu mir, kam schnellen Schrittes trippelnd näher. Sie trug ein rotes Kostüm. Als sie näher kam, bemerkte ich, dass sie neben dem Kragen der Bluse eine große Blume angesteckt hatte, die, wohl künstlich hergestellt, die Form eines so genannten „Judensternes“ hatte – eine Kennzeichnung, die die Nationalsozialisten für jüdische Mitbürger erfunden hatten.
Die Dame kam meinem Sitzplatz immer näher, ich wollte schon zur Seite rücken, um ihr Platz zu machen, als sie mich ansah, den Kopf schüttelte und sagte: „Nein. Ich setze mich nicht. Aber haben Sie Dank, dass Sie mir Platz machen wollten.“
Während sie das sagte, stand sie vor mir und reichte mir das Blatt Papier: „Ich möchte Ihnen das geben“, sagte sie. „Fragen Sie nicht, warum. Aber ich habe das eben geschrieben, weil ich es niemandem sagen konnte. Ich gebe es Ihnen und ich habe es Ihnen hiermit gesagt.“
Mit diesen Worten reichte Sie mir das Blatt Papier, das ich unwillkürlich annahm, dann drehte sie sich um und ging weiter. Über die Schulter sprach sie dann noch zurück: „Fragen Sie nichts, lesen Sie nur.“
„Ja, aber . . .“, versuchte ich zu sagen.
„Kein Aber. Lesen Sie.“
Das klang schon weit weg und bei der nächsten Wegkreuzung verschwand sie um die Ecke zwischen den Grabsteinen. Sie war schon älter und ganz klein, stellte ich jetzt erst, nachträglich, fest.
Ich musste das eben Gesehene und Gehörte erst verarbeiten, das Bild begreifen. Alles war so rasch gegangen. Viel zu rasch.
Der Versuch, sie noch einmal zu sehen, scheiterte – ich sah sie nicht mehr, obwohl ich aufgestanden war, um alles überblicken zu können. Kein Rot, keine Frau.
Nur ein Blatt Papier.
Ich setzte mich wieder, nestelte nach meiner Brille und begann schließlich zu lesen.
Mit einer deutlichen und klaren, sehr steilen Handschrift war da ein Gedicht geschrieben:
„Am Grab der verdorrten Rosen,
darüber die Krähe schreit.
An den Gräbern der einsamen Juden
scheint Geschichte unendlich weit.
Ameisen wandern in Straßen
der Friedhofsmauer entlang.
Es ist wieder Zeit, da Menschen hassen –
Erinnerung macht die Gedanken bang.
Wir sind in Trauer geborgen,
im Alltag politischer Sorgen,
im Suchen der letzten Freiheit.
Die Welt ist nicht anders geworden-
wieder schreien entfesselte Horden
und säen den Hass in die Zeit.“
Hier endete das Gedicht..
Den handgeschriebenen Text, so sagte ich mir, müsste ich doch möglichst rasch wieder der Dame zurückgeben.
Doch so sehr ich mich in den nächsten Minuten auf dem Friedhof umsah, ich konnte sie nicht mehr sehen.
Sie war wie spurlos verschwunden.
Ratlos drehte ich das Blatt hin und her – und gewahrte, dass auf der Rückseite ein Satz stand: „Bitte nicht verbrennen, um des Friedens der Seelen wegen: Bitte nicht verbrennen. Wenn Sie es gelesen haben, legen Sie es dort hin, wo es jemand anderer finden kann.“
Ganz in Gedanken verließ ich den Friedhof und dachte nach, wohin ich das Blatt Papier legen könnte.
Entlang der Friedhofsmauer gibt es eine kleine Allee. Zwischen den Baum-Abständen parken Autos. Ich ging zu einem der Autos, es war ein rotes Auto, das ich mit Bedacht ausgewählt hatte, faltete das Blatt Papier und steckte es hinter den Scheibenwischer an der Windschutzscheibe.
Ich stellte mich etwas entfernt an die Mauer, um zu betrachten, wem ich das Blatt weiter gegeben hatte und welches Schicksal der Text der Dame im roten Kostüm weiter habe.
Es verging eine knappe Viertelstunde, als das Fahrzeug aufblinkte, weil ein Mann, der ein kleines Mädchen an der Hand führte, den Tür-Automaten betätigt hatte.
Er wollte gerade mit der Kleinen einsteigen, als er den Zettel an der Windschutzschreibe bemerkte. Mit dem Satz: „Schon wieder so eine Werbung“ nahm er das Blatt hinter dem Scheibwischer hervor und warf es einfach weg.
Die Kleine bemerkte das und hob das Blatt auf. Sie entfaltete es und entdeckte die Schrift: „Papa. Da steht etwas. Es ist keine Werbung, sondern ein Brief mit Handschrift. Wie jene von Oma.“
„Oma ist schon lange tot“, sagte der Mann etwas ungehalten.
„Wir müssen es lesen. Wir müssen es lesen“, beharrte die Kleine.
„Ja, später. Ja. Steig jetzt endlich ein und schnall dich an.“
Die Kleine presste das Blatt Papier an sich und stieg ein.
Der Mann startete den Wagen und fuhr los.
Jetzt erst bemerkte ich, dass meine Füße vom langen Stehen schmerzten.
Vorne, an der Kreuzung, das wusste ich, war ein Lokal. Ich kannte es von früher. Vor Jahrzehnten war ich oft dort Gast. Und redete mir mit Freunden den Kopf heiß, über Gott und die Welt.
Und, manchmal, auch darüber, wie das wohl gewesen sein mochte, damals . . .
Als ich die paar Stufen zum Eingang des Lokales hochging, drang mir schon das Geräusch von diskutierenden Menschen entgegen.
Manche Dinge, dachte ich, ändern sich eben nicht.
Dann ging ich durch die Türe des Lokales, roch wieder Wein und Bier und Schnaps, Zigarren- und Zigarettenrauch.
Es war, als hätte sich nichts verändert. Tatsächlich, nichts. Gar nichts.
——
Winfried Werner Linde
Brief an einen Adler Östereichs . . . Lieber Thomas Morgenstern! 1. Januar 2013
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Lieber Thomas Morgenstern,
im ORF, dessen Programm ich selten sehe, aber heute, am 1.1.2013 hatte ich zufällig die Gelegenheit dazu, weil Skispringen in Garmisch-Partenkirchen war, in diesem ORF also, haben Sie in einer Pause während drei Minuten Gelegenheit gehabt, ihre wichtigsten Eindrücke des letzten Jahres zu beschreiben.
Nachdem ich im Facebook Ihre Mitteilung gelesen haben (und deren Verkündigung in den Medien), dachte ich mir, dass die Tatsache, dass Sie Vater geworden sind, ein wichtiger Eindruck in der letzten Zeit war. Ja, sogar ein emotionales, wichtiges, die Zukunft bestimmendes Ereignis für Sie persönlich.
Umso überraschter war ich, dass Ihnen das Formel 1-Kennenlernen, das Jonglieren wegen des Gleichgewichtes und das Hubschrauber-Rotieren (so heißt das doch? und nicht „fliegen“) wichtig waren und dass Sie in diesen drei Minuten der Wichtigkeits-Schilderung Ihrer Person kein Wort über ihre Vaterschaft und ihr Töchterchen Lilly verloren.
Ich denke, dass Sie als Vorbild für die Generation, der Sie angehören, eventuell doch zumindest einen Satz über ihre neu geborene Tochter sagen hätte können, auch wenn diese nicht von Red Bull und anderen Firmen gesponsert wurde. So hoffe ich doch. Es gibt nämlich Wichtigeres als den Sport, der ihr Beruf ist: das Mensch-Sein in einer Lebens-Welt, in der viele Ideale und Werte verloren gehen, nur weil sie nicht in eine Sponsoren-Wirtschafts-Welt passen. Und dazu gehören nun einmal auch Kinder, die man gezeugt hat.
In diesem Sinne: Viel Glück weiterhin, alles Liebe für ihre kleine Tochter und deren Mutter und wunderbare Sprünge in Innsbruck am Bergisel für Sie persönlich.
Also bitte: Nix für ungut.
Ihr sehr ergebener
Winfried Werner Linde
Die Kultur- und Geschichtsvernichtung in Tirol – Randnotizen 30. September 2012
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Jenseits der Erinnerung – das Vergessen. Die Kulturvernichter in Tirol gehen um.
Das Abriss der Bahnhöfe in Patsch und der Bahnwärterhäuser, die seit 1867 standen, wirft nicht nur ein schräges Licht auf den Denkmalschutz und die Tatsache, wie leicht es für die ÖBB als Staatsbetrieb ist, Kultur- und vor allem Geschichtsgut zu vernichten.
Die Bahnhöfe waren Teil der Bahn- und vor allem der Sozialgeschichte Tirols, am Brennpunkt des Verkehrs zwischen Nord und Süd, als noch niemand daran dachte, dass da irgendwann eine Autobahn durch das Wipptal führt.
Aber wen kümmert schon die Sozialgeschichte des Lebens der Eisenbahner seit bald 150 Jahren, noch dazu in Tirol, wo jeder wusste, dass die Eisenbahner sozialistisch wählen und als Nebenerwerbsbauern für die Großbauern, die angeblichen, höchstens Handlanger und Fuhrkühe-Einsteller über den Winter waren und schon gar nicht als Mitglieder des von Gott gesandten Bauernbundes in Frage kamen.
Dieses Denken hat sich nicht geändert. Die Mächtigen haben es sich immer gerichtet, die Kultur und das Miteinander der an den steilen Abhängen der Brennerbahn als Nebenserwerbsbauern sich schindenden Bahnarbeiter interessierte die, die sich das Land aufteilten und die Macht in diesem, immer schon, nicht.
Also: Der Abriss ist vollzogen, die ehemalig bewirtschafteten Hänge entlang der Bahn verwalden.
Wieviel Schweiß im Boden ist – ach ja, das war einmal, als es noch keine Maschinen gab. Doch diese hätten sich die Bahneler, die Kleinhäusler, wie sie bezeichnet wurden, eh nicht leisten können.
So blieb nicht mehr von den Häusern rund um den Patscher Bahnhof, außer ein paar Erinnerungsfotos. –
EIN PAAR ERINNERUNGEN
Der Abriss des alten Bahnhofes aus dem Jahr 1867 weckt allerdings auch Erinnerungen daran, wie das Land Tirol mit seiner Geschichte umgeht und wie fatal verlogen die jährlichen Defilierungen bei und mit den Schützen sind, deren sich die Regierenden befleißigen, wenn sie nicht gerade anderweitig mit Repräsentationen beschäftigt sind.
Zwischen dem Ort Patsch und Schönberg führt jener Weg, den auch Josef Speckbacher anno 1809 nahm, als er zu Andreas Hofer in den Domanig-Hof ging. Zu strategischen Besprechungen.
Über 100 Jahre führte auch eine Wallfahrt von Patsch über diesen Weg nach Schönberg und Mieders und von dort zum Wallfahrtsort Maria Waldrast. Jährlich einmal. Aber auch das- dem Vergessen anheim gefallen.
Überhaupt: Der Domanig im Schönberg hat ein merkwürdiges Schicksal. Er wurde auch abgerissen, an seiner Stelle ein Veranstaltungssaal u.a. gebaut. Vorher allerdings musste man die letzte Besitzerin, eine über 80 Jahre alte Frau, die nicht von Haus und Hof weichen wollte, hinausexekutieren, mit fadenscheinigen Gründen, ohne Hilfe der Obrigkeiten, die sonst mit Geldspritzen sofort bei der Hand sind. Ach ja, die Brennerautobahn, die Agrargemeinschaft als Eigentümerin der Flächen der Mautstelle und die jährlichen Millionen, die da fließen – das alles nicht zu vergessen.
Wie heißt das neue Nationallied, vervielfältigt von der ÖVP: Du bist das Land, dem ich die Treue halte, weil du so schön bist, mein Tirolerland.
Verlogener geht’s nicht. Mit Tränen in den Augen und der Hand dort, wo sonst das Herz ist, singen es die Kulturvernichter mit und einigen gehen dabei sicher ehrliche Emotionen hoch, aber die Fakten bleiben trotzdem.
Ach ja, die Bauernbündler haben dazu geschwiegen, trotz christlich, trotz christlich sozial, trotz Sonntagsmessen-Kniebeugen, trotz Fahnentragen (und ich meine nicht die aus dem Mund nach dem Schnapstrinken von der Marketenderin).
Ja, der Domanig. Auch so ein Schicksal. Lange her schon, aber halt immer noch in der Erinnerung, besonders dann, wenn es um die Geschichte Tirols geht.
Derzeit wird ja viel darüber diskutiert, ob man in Innsbruck die so genannte Ferrariwiese mit Müll auffüllen könnte. So, als würde die Vernichtung des Padastertales durch die Brennerbasis-Tunnel-Gesellschaft noch nicht genügen.
Das darf und soll nicht stattfinden. Die Ferrariwiese oberhalb von Innsbruck muss so bleiben, wie sie ist.
Denn um sie herum wurde schon zuviel, vor allem durch den Autobahnbau vernichtet. Die Kräutergärten des August Ammann, einer Legende – weg. Vom Gasthof Husslhof ganz zu schweigen – auch in der Nähe, einmal gewesen. Na ja, der Verkehr holt sich halt seine Opfer, auch in den Relikten der Geschichte.
Die Ferrariwiese, einstmals auch Ferrarigletscher genannt, weil dort fast ganz Innsbruck die ersten Skischwünge in den leichten Hang zauberte, schließt an den ehemaligen Gasthof Sonnenburgerhof an, der zu einem Wohnhaus wurde. Den Namen hat der Sonnenburgerhof vom Gericht Sonnenburg.
Jetzt zitiere ich aus www.schuetzen.at
Der Name „Sonnenburg“ 1267 Suneburch, 1319 Suonenburch, 1321 Sunnburch ist nach Prof. Dr. K Karl Finsterwalder, Innsbruck, eine Ableitung aus dem Altdeutschen „Suona“ = Gericht. Zum Landgerichtsbezirk Sonnenburg gehörten mehrere Niedergerichte, und zwar das Gericht Axams (Gemeinden Birgitz, Axams, Grinzens, Rothenbrunn und Gries im Sellrain), das Gericht Stubai (für die ganzen Talgemeinden), das Propsteigericht Ambras (Gemeinden Amras,Pradl, Aldrans, Ellbögen), das Stadtgericht Innsbruck und das Hofgericht Wilten (Gemeinden Wilten, St. Sigmund im Sellrain). Sitz des Landgerichtes Sonnenburg war zunächst die Sonnenburg (13. und 14. Jhdt.) südlich von Innsbruck an der Brennerstraße (heute befindet sich dort anstelle der Burgruine und des Burghügels die Autobahn, Auffahrt Innsbruck Süd), dann Schloß Vellenberg bei Götzens (15. bis 17. Jhdt.), später der Ansitz Ettnau in Hötting (18. Jhdt.) und zuletzt das Gerichtsgebäude in Wilten (1814 u. 1849).
Ach ja, zur Wiederholung: Anstelle des Burghügels befindet sich die Auffahrt der Autobahn Innsbruck Süd.
Von der Tiroler Geschichte, immerhin eine aus dem Hochmittelalter, als das Land im Gebirge heiß umkämpft war, blieb nichts mehr. Der Hügel samt der Reste wurde abgetragen. Der Sonnenburgerhof an der Brennerstraße – verschwunden, so als habe es das alles nicht gegeben.
Ein Land vernichtet seine Geschichte. Statt Grünland und Wanderungen durch die Erinnerungen – Verkehrsdämpfe und ständige, die Gesundheit gefährdende Überschreitung der Messwerte. Denn Gärberbach, wo gemessen wird, ist ja ganz in der Nähe.
Gleich neben der Sonnenburg: der Bergisel, der heilige Berg Tirols, wie er pathetisch genannt wird, der Heldenberg des Jahres 1809.
Heute ist dort ein Museum der Landesgeschichte und der Landesschießstand, wo schon die Heimatwehr und die Nazis ihre Wettbewerbe abhielten.
Gleich darüber die Bergisel-Schanze, bei deren Bau die Reste einer ursprünglich rätischen Siedlung entdeckt und gleich, nach einer Notgrabung und dem Retten von Fundstücken, in den Baumüll entsorgt würden. Um es zugespitzt und symbolisch zu sagen: Die Urzeiten Tirols landeten auf dem Müll.
Gegenüber, oberhalb des Paschberges und von Igls liegt der Goldbühel, der wohl älteste Opferplatz Europas, über 5000 Jahre alt und noch mehr. Dort gibt’s eine Erinnerungsausstellung. Geld für weitere Forschungen steht keines mehr zur Verfügung.
Folgt man der Autobahn Richtung Brenner kommt man vor der Europabrücke nach Patsch, wo man im Zuge des Autobahnbaues gleich die zum Goldbühel gehörenden Siedlungreste am Weiher (die Menschen siedelten damals an Gewässern) mit entsorgte.
Womit der Ausgangspunkt dieses Beitrages, Patsch, droben, oberhalb der Bahn, erreicht ist.
Es gibt noch viel zu sagen:
Von der Vernichtung des Gasthofes Eisenstecken in Matrei am Brenner, vom Verfall der ältesten Zollstation vor dem Brenner, dem Lueg samt Gasthaus – lauter geschichtsträchtige Objekte.
Aber geschichtsträchtig ist nicht gewinnträchtig.
Und Bahnarbeiter waren halt damals keine ÖVP-Wähler.
Aber ich höre auf. Es reicht.
Tirols Geschichte lebt. Trotz alledem.
Winfried Werner Linde
Goldbühel – Morgen-Gedanke am Feuerhügel 19. August 2012
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Goldbühel
Stille. Unerträglich wird das Leise der Erinnerung.
Aus der Vergänglichkeit wachsen verbrannte Steine,
Feuerzeichen der Heiligkeit von Mahnungen.
Ein Vogel krächzt Warnungen vor dem Menschen.
Die Priesterinnen schreiten zum Tanz des Euphorischen,
Sekundentode lang, bis die geheiligten Wasser in Bechern
in der Runde kreisen. Es schweigt aus dem Tal der Sill.
Feuer lodert um die ekstatischen Körper. Es ist Schrei geworden.
Krieger tauchen aus den Handelsflotten der Vernichtung,
die drohend ihre Bahnen durch die Alpen ziehen.
Der heilige Siebenzacken-Berg zeugt neue Schöpfungen,
Fels für Fels, Stein für Stein. In den Schründen endet Leben.
Doch neues Leben wird gezeugt – die Schwestern gebären
neue Göttinnen. Der Rat der Weisen erlauscht sinnend die Botschaft.
Feuer reinigt alles, verbrennt Schuld und Sühne.
Alles ist unerträglich leise Erinnerung an Vergänglichkeit.
Winfried Werner Linde, 19.8.2012
Brief an Innsbruck – eine Liebeserklärung zu den Wahlen 2012 24. März 2012
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Liebes Innsbruck!
Darf ich Dich so ansprechen, du Stadt meines Lebens?
Ich spreche sicher nicht davon, dass es in Deinen Stadtteilen noch immer Damen gibt, die an die geschwätzigen Bassenaweiber des Nationalsozialismus erinnern und die noch immer hetzen, wo, wann und zu welchem Thema es immer auch geht. Misanthropie und Frustration sind schlechte Gedanken-Ratgeber, aber ich erlebe das immer bei verschiedenen blauen Standeln während des Wahlkampfes. Jetzt.
Nein, ich spreche nicht davon.
Ich, Du Stadt meines Lebens, seit Geburt an, spreche auch nicht davon, dass es auch Exponenten der anderen „Reichshälfte“ gibt, die im Wahlkampf Geldkuverts plakatieren gegen die Freunderlwirtschaft in der Stadt und im Rathaus. Nein, ich spreche von diesen grünen Plakaten nicht, weil ich gegen Denunzistan und Korruptistan sowieso bin, aber ebenso gegen die Appelle an die niederen Instinkte der Neid- und Nader-Gesellschaft und gegen das Gendern-Vergessen. Man hätte auch FreunderlInnen-Wirtschaft schreiben können, wenn man sein alltägliches Geschwätz über Gleichberechtigung, ohne die es seit Jahren keinen Paarlauf mehr im Alltag gibt, einmal geistig beiseitegelegt hätte.
Nein, davon spreche ich nicht. Weil Verallgemeinerungen nicht meine Sache sind.
Ich spreche auch nicht davon, dass in dieser Stadt, die ich zeit meines Lebens liebe, statt der bürgerlichen Verantwortung für die Gemeinschaft, wie es einmal modern war, damals, unter Bürgermeistern wie Anton Melzer oder Franz Greiter oder vorher Wilhelm Greil, dass statt dieser bürgerlichen Verantwortung nun der schrankenlose Liberalismus und globalisierte Kapitalismus eingezogen ist. Dort regiert der Kleingeist und der materialistische, kleinbürgerliche Krämergeist und nicht der Geist der Freiheit, der es ermöglicht, dass es wieder eine Brenner-Denker-Gruppe gibt, eine Kunst, die sich auf Können und Arbeit gründet und nicht auf Scharlatanerie und Minimalismus.
Davon spreche ich nicht, liebe Stadt, in der auch einmal Georg Trakl lebte, nach dem ein Park benannt ist, von dem aber niemand so richtig weiß, wo er gelegen ist.
Liebe Stadt, ich könnte noch von vielen nicht sprechen, wie zum Beispiel von der Tatsache, dass in den letzten Jahrzehnten ständig der Tourismus ruiniert wurde, obwohl Du zwei Mal Olympiaort warst, davon spreche ich nicht, oder von der wunderbaren Erholungslandschaft, den Bergbahnen, mit denen man in die lichten Höhen abheben kann und ins Tal blicken, nein, davon spreche ich nicht.
Ich bin überhaupt sprachlos, immer wieder, wenn ich Deine Schönheit sehe, Deine Kulturstätten, wenn ich an die Uni und deren Forschung denke, an die Klinik, die beide weltweit renommiert sind, wenn ich an das Landestheater, die Festwochen der Alten Musik und an die alten Gaststätten denke, mit den Tiroler Köstlichkeiten, an den Graukas und das Almen-Echo, an die Hungerburg und die Pfade der ersten Liebe, ja da bin ich auch sprachlos.
Aber davon spreche ich.
Aber ich bin ja ein bissel wie die alte Stadtmauer, die jetzt am Franziskanerplatz durch ein Schaufenster zu sehen ist – eben altmodisch. Denn ich möchte auf den Stufen der Denkmäler und in einigen Parks wieder junge Menschen sehen, nicht saufend, sondern eng aneinander gemeinsam in einem Buch blätternd oder lernend oder sich auch küssend. Ja, das möchte ich.
Aber ohne die Typen, die dealen, Rauschgift meine ich, nein, ich möchte, dass wieder der Lebensraum (und auch Liebesraum) geteilt wird, ohne Hintergedanken, einfach so, weil jung sein auch fröhlich sein bedeutet. Ja, das möchte ich.
Und ich bin davon überzeugt, dass die Omis und Opis dann auch vorbeischauen und in Erinnerungen schwelgen, wie’s damals war und wie gut es doch ist, dass alles heute ganz anders geworden ist. . . .
Eben – wie damals. . .
Denn die Gefühle in einer Stadt ändern sich nicht. Wenn man sie zulässt.
Ja, liebe Stadt Innsbruck – das wollte ich Dir sagen.
Und jetzt mach, dass die besten Köpfinnen und Köpfe gewählt werden. Von denen, die Dich, liebe Stadt, ebenso lieben wie ich.
Dein alter WWL
Echte Schildbürger in Innsbuck – YOG nahen 12. Januar 2012
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Echte Gratulation an die Schildbürger von Innsbruck: Der schönste Blick von der Maria-Theresien-Straße aus ist jener in die Altstadt zum Goldenen Dachl und natürlich, vor allem, jener auf die Nordkette – Richtung Norden also. Anstatt nun für die Bühne der Kulturprogramme und die Siegerehrungen bei den Jugend-Olympia-Spielen diesen Hintergrund-/Bühnenbild-/Blick zu nutzen, hat man ihn durch eine Zuschauer-Tribüne mit Blick-Richtung Süden (in weiter Ferne – die Schanze) verbaut. Ein paar Zelte für Sponsoren oder was auch immer verschlimmern das Ganze noch. Aber immerhin: Der Blick auf die Fassade eines Kaufhauses Tyrol ist ja da.
Olympische Idee ist das keine, im Gegenteil: eben eine von SchildbürgerInnen.
Dada lebt.
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Nachwort. Für Bürgermeisterin a. D. Hilde Zach. RIP. 21. Januar 2011
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Auf Wiedersehen, irgendwann,
dort, wo die Hauptstadt der Seelen
der Atem allen Seins ist.
Wenn die Sprache wieder
aus Erinnerungen auftaucht,
wenn Erinnerungen wieder Sprache werden,
dann, liebe verehrte Freundin,
werde ich auch nur sagen können:
Es war schön und wohltuend
der Frau zuzuhören,
die Leben und Stadt liebte.
Dein
Wini